Die beiden Friedhofssoziologen Thorsten Benkel und Matthias Meitzler erforschen seit 2008 die Verbindung zwischen Tod und Gesellschaft und nehmen dabei auch Friedhöfe unter die Lupe. Ihre sozialwissenschaftliche Forschungsarbeit dokumentieren sie auch im Netz. Wir haben die beiden Wissenschaftler nach On- und Offline-Friedhöfen befragt.

Als Soziologen beschäftigen Sie sich seit einiger Zeit intensiv mit Friedhöfen – warum?
BENKEL:
Begonnen hat alles mit einem Soziologie-Seminar an der Universität Frankfurt, bei dem T. Benkel der Dozent und M. Meitzler Student war.
Der Tod war bis dahin ein kaum bearbeitetes Thema in der Soziologie. Wir kamen spontan auf die Idee, einmal auf dem Friedhof die soziologischen Potenziale auszuloten. Zuvor hatte es noch keine empirische Untersuchung von Friedhöfen gegeben. Wir waren überrascht über unsere Funde.

(c) Benkel/Meitzler
Es zeigte sich: Der Friedhof gibt Auskunft über die Gesellschaft und ihren Wandel. Er zeigt, wie Menschen heute mit dem Problem der Sterblichkeit umgehen. Er ist außerdem eine Art Kulturarchiv. Wir haben seither über 950 Friedhöfe im gesamten deutschsprachigen Raum besucht und 54.000 Fotos von Grabstätten gemacht, die aus dem traditionellen Darstellungskanon herausfallen – weil gerade diese Gräber ebenfalls einiges über gesellschaftliche Transformationsprozesse verraten.
Parallel haben wir uns mit dem Hospiz, dem Krankenhaus, mit Obduktion/Pathologie, der Organspende, dem Tiertod in Deutschland und mit anderen weiteren angrenzenden Themenbereichen beschäftigt – und natürlich auch mit dem Tod in der virtuellen Welt.