Seit Jahren wird das Netz auch dafür genutzt, die Erinnerung an verstorbene Menschen aufrecht zu erhalten, zum Beispiel mit persönlichen Gedenkseiten. (Andere Möglichkeiten haben wir uns hier schon einmal angesehen.) In diesem Artikel stellen wir die wichtigsten Portal-Anbieter vor. Seit dem ersten Erscheinen 2016 sind auch neue Akteure auf den Markt getreten, zum Beispiel werwarwer.de (hier im Interview). Den aktuellsten Überblick über Dienstleister und Plattformen zum Thema Online-Trauer und Gedenken erhalten Sie in unserem Anbieterverzeichnis.
Die wichtigsten Fakten auf einen Blick bieten wir in diesem PDF (letzte Überarbeitung: Juni 2020):
Gedenkseitenportale im Überblick
Testbericht aus dem Mai 2016:
„Social Media Profile“ für Verstorbene
Trauer.de, Gedenkseiten.de, strassederbesten.de, InFrieden.de – die Auswahl an Gedenk- und Trauerportalen ist inzwischen groß. Ihnen allen gemeinsam: Nachdem man sich registriert hat, richtet man eine Profilseite ein, wie man das von anderen Social Media Accounts gewohnt ist. Der Unterschied: Man legt die Profilseite nicht für sich selbst an, sondern für einen verstorbenen Menschen. Einer der Vorteile ist, dass sich damit unkompliziert eine Gedenkseite im Netz gestalten lässt, ohne dass man dafür technisches Wissen mitbringen muss. Die meisten Portale bieten inzwischen standardmäßig Bausteine an, um die Profilseite individueller zu gestalten, z.B. mit verschiedenen Grafik-Templates, Stimmungsbildern oder sogar Hintergrundmusik.
Das Grundgerüst lässt sich dann im nächsten Schritt mit ganz persönlichem Material anreichern, z.B. Fotos, Videos, Musik, einem Lebenslauf, Trauerreden oder Traueranzeigen. Zusätzliche Funktionen wie das Entzünden virtueller Kerzen oder ein digitales Kondolenzbuch lassen die Seiten zu einem Ort für gemeinsames Trauern, Erinnern und Austausch werden, losgelöst von den Grenzen, die der physische Raum und die Zeit uns normalerweise vorgeben: Der Gedenkort im Internet ist rund um die Uhr erreichbar, von jedem Ort der Welt aus, solange es dort einen Internetanschluss gibt.
Kostenfreie Basisseiten und Premiummodelle
Fast alle Gedenkseitenportale bieten eine kostenfreie Basisversion an, die schon sehr viele Möglichkeiten und Funktionen bietet. Wer sich noch nicht sicher ist, kann sich hier also in Ruhe und ohne Verpflichtungen ausprobieren. Die Dienste von Trauer.de und InFrieden.de verzichten sogar komplett auf kostenpflichtige Premiummodelle und stellen alle Funktionen kostenfrei zur Verfügung. Bei anderen Portalen erhält man bei der Umwandlung in die Premiumversion z.B. Zugriff auf exklusive Layouts, Musik und “Stimmungsbilder” oder mehr Speicherplatz. Die Kosten belaufen sich dabei meist auf ca. 25–30 Euro pro Jahr.
Hier ein Beispiel (von InFrieden.de), worin sich Basis- und Premium-Versionen unterscheiden können:
Am besten schaut man sich die verschiedenen Portale einmal kurz an und überlegt, welche Ansprüche man an die Gedenkseite stellt und welche Funktionen einem besonders wichtig sind: Ist wichtig, dass das Angebot kostenlos ist? Soll die Seite nur für einen bestimmten Personenkreis zugänglich sein oder von möglichst vielen Menschen besucht werden können? Spielt vor allem ein großer Speicherplatz für möglichst viele Bilder und Videos eine Rolle? Und nicht zuletzt: Gefällt das Design?
Um die Recherche etwas zu erleichtern, haben wir ein paar Fakten der wichtigsten Portale zusammengestellt. Sie können das PDF mit unseren Ergebnissen am Anfang dieses Artikels herunterladen.
Die Portale der Tageszeitungen
Eine Vielzahl der gängigen deutschen Tagezeitungen bietet inzwischen nicht nur die Möglichkeit, eine Traueranzeige gedruckt und digital zu veröffentlichen, sondern auch, die Online-Traueranzeige in eine Gedenkseite einzubetten. Das Angebot funktioniert sehr oft nach dem gleichen Prinzip, egal ob bei der Süddeutschen, der Saarbrücker Zeitung oder dem Weser Kurier, denn die technische Infrastruktur wird bei vielen Zeitungen vom selben Anbieter bereitgestellt. Kernstück ist meist die Traueranzeige: „Mit der Aufgabe einer Trauer-, Danksagungs- oder Erinnerungsanzeige in der Süddeutschen Zeitung wird ohne Aufpreis automatisch eine Gedenkseite freigeschaltet“, heißt es z.B. bei der Süddeutschen. Während es sich bei der SZ aber lediglich um eine sehr nüchterne Basisversion ohne Profilfoto oder Lebenslauf handelt, stellt die Saarbrücker Zeitung alle Zusatzfunktionen von Anfang an kostenlos zur Verfügung. Jede Tageszeitung hat also ihr eigenes Preisgefüge.
Eine Traueranzeige kann übrigens auch oft direkt über das Gedenkportal der Tageszeitung beauftragt werden. Andersherum kann eine Gedenkseite auch ohne eine vorher geschaltete Traueranzeige angelegt werden – der Unterschied liegt je nach Angebot bei den Kosten.
Trauer.de – die größte Suchmaschine für Traueranzeigen
Trauer.de ist momentan die größte Suchhilfe für Online-Traueranzeigen. Aktuell (Stand: Mai 2016) sind dort 1.221.393 Traueranzeigen aus Deutschlands Tageszeitungen versammelt und recherchierbar. Der Hintergrund: Die Traueranzeigen und die dazu generierten Gedenkseiten der teilnehmenden Tageszeitungen werden unter Trauer.de zusammengeführt. Darüber hinaus ist Trauer.de mit 71.9621 Gedenkseiten aber auch eines der größten Gedenkseitenportale in Deutschland.
Gedenkseiten können bei Trauer.de auch ohne vorherige Traueranzeige bei einer Tageszeitung angelegt werden. Wie bereits erwähnt, ist das Angebot komplett kostenlos und bietet neben der Möglichkeit, bis zu 5 individuell benannte Unterseiten anzulegen, auch standardmäßig einen Passwortschutz: Nur, wer das richtige Passwort hat, kann alle Seiteninhalte einsehen.
Darum herum bietet das Portal eine Fundgrube an Informationen zu den Themen Trauer, Seelsorge, Bestattungen etc., z.B. ein Branchenbuch und Notfall-Telefonnummern. Die aktuellste Neuerung ist ein Trauer-Livechat mit Experten jeden Dienstag von 20.00–22.00 Uhr.
Gedenkseiten.de – schön gestaltetes Portal ohne Zeitungsanbindung
Für viele Nutzer der Zeitungsportale scheint vor allem die Funktion, dass die Traueranzeige online sichtbar und recherchierbar gemacht wird, im Vordergrund zu stehen. Die Zusatzfunktionen der Gedenkseite bleiben oft ungenutzt, wodurch die Seiten oft etwas verwaist wirken. Hier dürfte einer der großen Unterschiede zum privat geführten Portal Gedenkseiten.de liegen: Wer sich dort für ein Seite entscheidet, pflegt sie in der Regel auch.
Das Portal fällt vor allem durch seine moderne Gestaltung, das freundliche Design und die gute Nutzerführung auf. Auch hier bietet die Basisversion bereits sehr viele Funktionen – für einen Passwortschutz muss man aber auf das Premiummodell wählen.
strassederbesten.de (seit März 2017 soulium.de) – der digitale Friedhof
Im Gegensatz zu allen anderen Portalen wird bei strassederbesten.de / soulium.de das Motiv des Online-Friedhofes ganz unmittelbar aufgegriffen. Man setzt seinen Verstorbenen weniger eine Gedenkseite als vielmehr eine „Gedenkstätte“ – wer mag, auch mit virtuellem Grabstein. Diese Gedenkstätten lassen sich zusätzlich auf einem Übersichts-Landschaftsbild in 2D platzieren:
Zwölf Motive gibt es zur Auswahl: Vom „Berg der Ruhe“ unter Palmen, über einen Christlichen, Muslimischen oder Jüdischen Friedhof bis hin zur Idylle in den Bergen. Wer dazu den Website-Charme der 90er mag, ist hier genau richtig (Anm. d. Red.: Im März 2017 fand ein Relaunch statt). Im Gegensatz zu den anderen Portalen endet die Laufzeit des Premiummodells automatisch ohne Kündigung nach einem Jahr.
Zu guter Letzt
Die vorgestellten Portale sind nur eine Auswahl – neben ihnen gibt es noch eine Vielzahl weiterer, kleinerer Seiten. Wir haben uns vorerst auf die Seiten konzentriert, die am ehesten dem Portalcharakter entsprechen, gut bedienbar sind, viele technische Möglichkeiten bieten und halbwegs aktuell gehalten sind. Natürlich trägt aber jedes einzelne Angebot, auch die nicht besprochenen, zur Trauerkultur im Internet und zu deren Weiterentwicklung bei. Dass der Bereich im Vergleich zur analogen Welt noch sehr jung ist, zeigt sich manchmal in kleinen, etwas unbeholfenen oder auch skurrilen Details. So ist beim ein oder anderen Portal nicht immer deutlich, ob man die Gedenkseite für einen bereits Verstorbenen anlegt, oder ob man gerade dabei ist, sein eigenes Todesdatum einzutragen. Auch die Tatsache, dass jeder unauthorisiert Gedenkseiten für Jedermann anlegen kann, führt bisweilen zu Verwirrung – so gibt es allein für Udo Jürgens fünf Gedenkstätten auf der strassederbesten.
3 Gedanken zu „Gedenkseiten im Internet – ein Portal-Überblick“