Was ist digitaler Nachlass – und was gehört zur Erbmasse?

Digitaler Nachlass beinhaltet alles, was ein Mensch auf seinem Computer, auf anderen digitalen Geräten wie Festplatten und Handys oder im Internet hinterlässt, wenn er stirbt. Die Hinterbliebenen stehen nach dem Tod vor der Herausforderung, mit diesem digitalen Erbe umzugehen.

Egal, ob man vorsorgen möchte oder das digitale Erbe eines Verstorbenen sichten und verwalten muss: Zunächst braucht man einen Überblick, was alles zur “digitalen Erbmasse” gehört. Ein Beispiel für das konkrete Vorgehen gibt es hier: Wie finde ich alle relevanten Online-Accounts eines Verstorbenen? 

Anmerkung: Es ist zu beachten, dass der Erb-Prozess gerade im Falle von Rechtsstreitigkeiten durchaus mehrere Monate dauern kann. Es empfiehlt sich, einen Anwalt zu konsultieren, um zu klären, wie und in welchem Umfang Computer, Profile und Lizenzen bis dahin genutzt werden dürfen! Beachten Sie bitte auch den Hinweis zu Rechtsthemen am Ende der Seite.

Digitaler Nachlass: Checkliste zur Bestimmung der Erbmasse

Inhalt

Die folgende Checkliste hilft dabei, Ordnung in das Chaos eines Nachlasses zu bringen. Alternativ kann sie genutzt werden, um die eigene Vorsorge zu organisieren. In unserer Download-Sektion gibt es eine kleine handliche Vorlage, das „Vorsorgeheft digitaler Nachlass“. Wer es noch ausführlicher möchte, kann unseren Ratgeber „Digitaler Nachlass“ als eBook erwerben.

1. Hardware, Dateien und Software (-Lizenzen)

Digitaler Nachlass liegt oft auf Rechnern – im Internet oder ganz profan zu HauseRelativ unstrittig ist, dass Computer-Hardware – von der PC-Maus bis zum Laptop, vom USB-Stick bis zum Smartphone – ganz regulär in das Eigentum der Erben oder der im Testament bedachten Parteien übergeht. Nicht abschließend geklärt ist hingegen, wie es um die konkreten Dateien auf diesen Geräten steht.

Im Falle von Software-Lizenzen (also der auf einem Rechner des Verstorbenen installierten oder nur von dort aus nutzbaren Computerprogramme) ist die Rechtslage ebenfalls nicht eindeutig. Erworbene Einzelplatzlizenzen sollten im Regelfall auch von den Erben legal nutzbar sein.

Beispiele für Hardware, Software und Dateien:

  • PCs, Monitore Laptops, Speichermedien wie USB-Sticks oder DVD-Roms, Smartphones, Drucker, … (analoger, physischer Nachlass)
  • Dateien auf dem Rechner wie Schriftstücke (.docx, .odt, .pdf), Bilder (.jpg, .png), Musik (.wav, .mp3), Videos (.mp4), HTML-Dateien, …
  • Dateien in Cloud-Diensten wie Dropbox, OneDrive, Google Drive, Copy, …
  • Software (installierte Programme, Zugriffsprogramme auf entfernte Software)

2. Social-Media-Profile und die in Social Networks vorhandenen Daten

In sozialen Netzwerken hinterlassen aktive Nutzer nicht nur diverse Kommunikationsabläufe (etwa Chatprotokolle, Postings mit Kommentaren), sondern häufig auch diverse Mediendateien wie Fotos, Bilder, Grafiken, Musik oder Videos. Vielfach sind Nutzer keineswegs die Urheber der mit “ihrem Nutzerkonto” verbundenen Daten. Ein geteiltes Bild gehört dennoch u.U. zum digitalen Nachlass.

Für die postmortale Nutzung dieser Inhalte durch Erben bedarf es daher häufig der Zustimmung Dritter – manchmal des Netzwerks, häufiger aber der bspw. auf Fotos abgebildeten Personen. Rechtlicher Beistand ist hier unumgänglich, insbesondere, falls Inhalte kommerziell ausgewertet oder genutzt werden sollen.

In vielen Fällen nutzen User in Social Networks Pseudonyme oder agieren ganz anonym, sodass es schwierig werden kann, nach dem Tod eines Menschen einen Überblick über alle von ihm verwendeten Netzwerke zu gewinnen.

Beispiele für Netzwerke:

  • Facebook
  • Twitter
  • Instagram
  • Pinterest
  • Google Plus (Google+)
  • Snapchat
  • Whatsapp
  • Telescope
  • u.v.m.

3. Websites und Blogs

Die Frage, was mit privaten Websites nach dem Tod des Verantwortlichen geschieht, ist kompliziert zu beantworten. Hier muss sowohl das Urheberrecht an den Texten, Bildern und anderen Inhalten berücksichtigt werden, ebenso aber die Frage, wer in das Vertragsverhältnis mit dem Hosting-Provider (der die Server betreibt, auf denen die Website läuft) und der Domain-Ausgabestation (bei .de-Domains z.B. die DENIC) tritt. Es empfiehlt sich, hier ausführlich zu recherchieren oder sich beraten zu lassen.

Beispiele für Blogs und Websites:

  • fremdgehostetes Blog auf medium.com oder wordpress.com
  • selbstgehostetes Blog auf dem eigenen Server mit eigener .de-Domain (www.eine-website.de)
  • eigene Website mit .com-Domain (www.eine-website.com)

4. E-Mail

Bei E-Mails bzw. dem Zugang zu E-Mail-Accounts ist die Rechtslage ungeklärt. Mehrere Sichtweisen (und entsprechend verschiedene gerichtliche Entscheidungen) sind denkbar. Da es viele verschiedene Arten von E-Mails gibt – von geschäftlichen Mails auf dem privaten Rechner bis zu privaten Mail-Konten bei Freemail-Anbietern – ist häufig eine Einzelfallentscheidung nötig.

Mails können z.B. zur Erbmasse gehören, wenn ihr Inhalt einer Unternehmung (Firma, Verein, Projekt) dient. Andererseits könnte private Korrespondenz von der Vererbbarkeit ausgeschlossen sein, weil es sich um den “höchstpersönlichen” Schutzbereich des Verstorbenen handelt oder weil die Rechte von E-Mail-Gesprächspartnern berührt werden. Im Streitfall ist juristischer Rat unbedingt notwendig.

Beispiele:

5. Shop-Accounts

Digitaler Nachlass macht auch vorm Online-Shopping nicht HaltViele Webshops regeln in ihren AGB, welche Rechte nach dem Tod eines Kunden an dessen Erben übergehen können. Häufig treten die Erben in das Rechtsverhältnis und müssen ausstehende Zahlungen begleichen oder Waren zurücksenden.

Beispiele:

  • Amazon-Account
  • Account bei Otto.de, ikea.de etc.

6. Web-Foren und Communities

Auch in den klassischen Foren, den Vorläufern des Social Web, finden für User relevante Kommunikationen statt. Diese gehören ebenfalls zum digitalen Nachlass.

Beispiele:

  • Technik-Foren wie heise.de
  • Zeitungs-Foren wie auf spiegel.de oder faz.de
  • Hobby-Foren, bspw. Strick-Foren

7. Games-Accounts

Viele Online-Spiele-Hersteller schließen in ihren AGBs (oder End User Licence Agreements, EULAs) die Nutzung durch eine andere Person als den Lizenznehmer/Endkunden, der den Vertrag geschlossen hat, aus. In diesem Falle verstößt eine Nutzung durch die Erben gegen diese Geschäftsbedingungen (aber nicht zwingend gegen Gesetze).

Beispiele:

  • Steam-Account (Zugriff auf diverse auf der Plattform erhältliche Spiele)
  • World of Warcraft-Account
  • Kingdom of Loathing-Account

8. Digitale Währungen und Cryptocurrencys wie Bitcoin

Bei den meisten digitalen Währungen ist der Eigentümer lediglich im Besitz einer Datei, bei Bitcoin heißt sie wallet.dat. Diese enthält die verschlüsselten Informationen, die die eigentliche Währung darstellen. Das Eigentum an dieser Datei wird nach gegenwärtigem Stand wohl vererbt.

Dagegen ist aufgrund der Neuheit digitaler Währungen noch unklar, ob das Erbe zu versteuern ist und welcher Gegenwert der Währung als Bemessungsgrundlage verwendet wird. Daher ist bei größeren Vermögen juristischer Rat unbedingt sinnvoll. Zudem kann technische Beratung sinnvoll sein, falls Dateien wie wallet.dat zusätztlich verschlüsselt (Bereich der Kryptografie) oder versteckt (Bereich der Steganografie) sind.

Beispiele (Stand: August 2015):

  • Bitcoin, Bitcoin Cash
  • Ether, Ether Classic
  • zCash
  • Monero
  • LiteCoin
  • Für weitere siehe z.B. Coingecko

9. Sonstige Accounts

Sehr viele Dienste, von Websites über Cloud-Software bis Apps, erfordern für die Nutzung ein Kundenkonto (“Account”). Nach dem Tod des Nutzers ist es für Hinterbliebene oft nicht leicht, einen Überblick über die diversen Nutzerkonten zu gewinnen.

Beispiele:

  • Datenbanken wie statista.de
  • Bibliotheksdienste (bspw. der lokalen Stadtbücherei oder der Universitätsbibliothek)
  • Streamingdienste wie Spotify
  • Apps wie Whatsapp, Pinterest

Der digitale Nachlass ist geordnet: Und was dann?

Mit der Sammlung aller Dienste, die der Verstorbene genutzt hat, ist es natürlich für die Hinterbliebenen nicht getan. In unserer Wissensdatenbank finden Sie neben Dienstleistern und Plattformen für den digitalen Nachlass auch Tools und Anleitungen für die Vorsorge.  

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