Neben digitalem Nachlass befasst sich digital.danach auch allgemein mit dem Thema „Tod im Zeitalter der Digitalisierung„. Dabei spielt der Friedhof als klassischer Ort des Gedenkens und Trauerns eine zentrale Rolle.
Ein vorausdenkendes Beispiel, wie die Virtualisierung des Friedhofs vonstattengehen kann, kommt von Claus Schmid (den wir zu seinem Portal VorsorgePlattform24 bereits interviewt hatten): Friedhofguide.de (Website) ist eine Online-Plattform, die es – im Gegensatz zu den bisherigen, zentral aufgebauten Systemen – jedem registrierten Benutzer oder Dienstleister erlaubt, u.a. virtuelle Friedhofs-Touren und „digitale Familienfriedhöfe“ zu erstellen. Wir haben uns die bisherigen Funktionen einmal genauer angesehen.
Rundgänge und die Verknüpfung von Gräbern
Ein zentrales Feature von Friedhofguide ist die Möglichkeit, Grabinformationen virtuell zu erfassen, aufzubereiten und neu zugänglich zu machen. So lassen sich „am Grab“ auch Metadaten hinterlegen, etwa die URL einer Gedenkseite, die Zugehörigkeit zu einer Gruppe o.ä.
Claus Schmid dazu:
Zentrale Funktion von FriedhofGuide.de ist die Erfassung der Grabinformation inklusive ihrer geographischen Position durch registrierte Anwender. Hierdurch ergeben sich weitere Möglichkeiten, z.B. der Aufruf von Gedenkseiten am Grabmal, die Navigation vom aktuellen Standort zur gesuchten Grabstelle und die Verknüpfung von Gräbern zu einem virtuellen Friedhofsrundgang („Persönlichkeiten unserer Stadt“). In Summe entsteht ein umfangreiches Informationssystem rund um Gräber und Friedhöfe (real und virtuell), an dem jeder Berechtigte mitgestalten kann.
Ein Beispiel (s. Screenshot): Hier wurden die Gräber prominenter Verstorbener, die auf dem Wiener Zentralfriedhof bestattet sind, zu einem Friedhofsrundgang zusammengestellt. Auf Grundlage von Google Maps-Daten kann der Friedhofsbesucher eine Route bestimmen, auf der er von Falko bis zu Beethoven wandelt. Auch Gräber einer Familie, die an verschiedenen Punkten eines oder mehrerer Friedhöfe liegen, können so zusammengefasst dargestellt werden. Und natürlich sind noch weitere Einsatzzwecke denkbar. Etwa der Rundgang zu verschiedenen Grabsteinen eines Steinmetzes, die Grabstätten eines Bestatters im vergangenen Jahr oder die Tour zu den ältesten Grabsteinen eines historischen Friedhofs.
Aufbereitung und Präsentation
Zu den Rundgängen können individuelle Startseiten erstellt werden, etwa mit dem Link zur Grabstätte und zu Bildern der Verstorbenen. Dadurch können diverse Projekte realisiert werden: Das reicht vom erwähnten „virtuellen Familiengrab“, das in der Realität aus durch hunderte Kilometer getrennten Gräbern bestehen kann, bis hin zu einer „Wikipedia der Toten“, in der eine offene Community Fakten zu Millionen von Gräbern zusammenträgt.
Ein Geschäftsmodell steckt aber natürlich auch hinter Friedhofguide.de. Claus Schmid beschreibt die Premium-Leistungen so:
Möchten Angehörige für ihre Verstorbenen ein digitales Grab oder einen Virtuellen Familienfriedhof erstellen lassen, dann können sie registrierte Bestatter, Friedhofsverwalter oder andere Dienstleister gegen Gebühr damit beauftragen. Oder die Angehörigen schließen mit dem Bestatter einen „Dauervertrag“ ab, damit er das reale Grab jeden Monat oder einmal im Quartal fotografiert und das Foto zum digitalen Grab hinzufügt. Entfernt wohnende Angehörige können hierdurch besser einbezogen werden.
Denkt man das weiter, kommt man schnell auch auf kommunikative Modelle. So könnten sich beispielsweise entfernt lebende Hinterbliebene per Live-Stream zu einem Grab „mitnehmen lassen“.
Geodaten eröffnen neue Räume des Trauerns
Diese Entwicklung eröffnet natürlich noch viel weiter gehende Möglichkeiten der Trauer im digitalen Raum. Geodaten und „location based services“ sind in aller Munde, nachdem zuletzt auch die Spiele-App „Pokémon Go“ einen AR-Boom auslöste. AR oder Augmented Reality, wörtlich übersetzt „angereicherte“ oder „erweiterte Realität“, bezeichnet eine mehr oder weniger neue Technologie. Reale, physische Orte werden durch virtuelle Daten ergänzt. Das passiert entweder durch Sender vor Ort – oder eben über Geodaten. Hierbei wird ein Endgerät (Smartphone) per GPS geortet und erhält dann Zugriff auf entsprechende Daten, die zum aktuellen Standort gehören. Somit ließen sich – ganz ohne QR-Codes – am Friedhof zusätzliche Inhalte platzieren und in einer App direkt anzeigen, etwa eine Kurz-Vita, die Gedenkseite oder eine Bildergalerie, bis hin zu persönlichen Nachrichten an bestimmte Nutzergruppen. Auch eine Verknüpfung mit rein virtuellen Friedhöfen ist denkbar.
Friedhofguide.de ist eine innovative Plattform, dieeinen ersten Ansatz zeigt, wie sich der traditionell analoge Raum des Friedhofs durch eine virtuelle Dimension anreichern lässt. Gleichzeitig zeigt es auch eine rein virtuelle Dimension von Friedhöfen, denn für viele Funktionen muss man nicht vor Ort sein, sondern kann Friedhöfe rein virtuell erfahren. Das kann für entfernte Trauernde nützlich sein, aber etwa auch für Recherchierende. Wie an anderen datengetriebenen Projekten zu sehen ist, steht und fällt alles mit der Datenmenge, die erfasst werden kann. Je umfangreicher die Datenbank, desto nützlicher der Service und desto mehr Funktionen können sinnvoll implementiert werden. Daher sind wir sehr gespannt, wie das Angebot aufgenommen wird und welche Funktionen den User noch erwarten!
Warum nicht den realen Friedhof virtuell begehbar machen? Mit den bereits vorhanden Gräbern bestücken. So könnten entfernt lebende Verwandte den Friedhof z.b. mit einer VR-Brille besuchen…. auf der Friedhofs-Website können über einen E-Shop Blumen/Kränze/Kerzen etc gekauft werden die dann vom Friedhofsgärtner in den nächsten 24 Stunden auf dem Grab platziert werden.
… und die Kerze auf dem realen Grab erscheint umgekehrt auch auf der Grab-Website und in der VR. Ja, da gäbe es schon viele interessante Möglichkeiten!