Wir wohnen nun seit Ende 2017 (wieder) in Franken – und auch die hiesige Lokalpolitik ist nicht frei vom Thema digitaler Nachlass und wie man damit umgeht.
Vor ziemlich genau einem Jahr berichtete Sabine Stoll in den Nürnberger Nachrichten: „Nürnberg will sich um Internet-Daten der Toten kümmern“. Die SPD-Stadträtin Anita Wojciechowski wurde hier zitiert und es hieß: „Im nicht-öffentlichen Teil der letzten Sitzung des Finanzausschusses gaben die Parteien grünes Licht für einen digitalen Nachlass-Service.“
Und nun berichtet die NN (Print-Ausgabe vom 21.3.2019, online bislang wohl nicht verfügbar):
Finger weg vom digitalen Erbe: Stadt will nicht haften
[…] Der Grund: Es sei höchstrichterlich festgestellt worden (s. BGH-Urteil, Anm. DS), dass virtuelle Hinterlassenschaften mit dem materiellen Erbe gleichgestellt würden […] Soll heißen: Der digitale Nachlass geht […] auf die Erben über. Wer eine Bestattung in Auftrag gibt, muss aber nicht gleichzeitig der Erbe sein und darf deshalb womöglich gar keinen Zugriff auf den digitalen Nachlass bekommen.
Die Nürnberger Friedhofsverwaltung möchte sich nicht die „Tätigkeit eines Nachlassverwalters oder -gerichts“ anmaßen und kann daher die Aufgabe nicht erfüllen, über den Verbleib und die Verwendung digitaler Daten zu entscheiden. Außerdem fürchtet man, sich irgendwo in ein Haftungs-Problem zu setzen – und verweist auf private Anbieter.
Prinzipiell klingt das nach einer sinnvollen Entscheidung. Zwar geht es bei digitalen Nachlass-Verwertungen viel um Abmeldungen und Kündigungen (was traditionell in den Bereich der Bestatter fällt). Die Gefahr, dass generische Lösungen zum Verschwinden wertvoller Daten führen, ist aber ziemlich groß.
Hallo Dennis, wieso denkst du, dass das nach einer sinnvollen Entscheidung klingt? Die Argumentation der Nürnberger Friedhofsverwaltung erscheint mir etwas wirr. In dem verlinkten Artikel vom 5.2.18 heißt es: „Angehörige sollen den digitalen Nachlass-Service als Dienstleistung mitbuchen können, wenn sie ihre Toten vom städtischen Unternehmen bestatten lassen.“ Genannt ist auch der entsprechende Anbieter, das Berliner Softwarehaus Columba, der das für die Bestatter durchführt, die die Regelung von digitalem Nachlass durchführt. Bei deren Formalitätenportal ist ein sauberere Prozess aufgesetzt und die Haftungsfragen sind geklärt. Das hat so gar nichts damit zu tun, dass ein Bestatter sich die „Tätigkeit eines Nachlassverwalters oder -gerichts“ anmaßt.
Die Geschichte war dann am 21.11.2018 nochmal in der Presse http://www.nordbayern.de/region/hilfe-bei-digitalem-nachlass-nurnberger-friedhofsamt-zogert-1.8328475/kommentare-7.3742978
Wäre jetzt interessant, was in den aktuellen Artikel darüberhinaus an Neuem steht.
Hi Birgit! Aus dem neueren Artikel wurde tatsächlich nicht klar, welche Details die geplante Leistung umfasste. Wenn es auch weiterhin nur darum ging, Hinterbliebenen eine Columba-Buchung zu ermöglichen, verstehe ich die ganze Aufregung auch nicht, das bieten ja nun doch schon diverse private (und auch öffentliche?) Bestatter an. Für mich las sich das so, dass das Paket über Abmeldungen hinaus noch Verwaltungsaufgaben übernehmen soll. Ich bin gespannt, ob da noch was kommt!