Digitaler Nachlass im Kunstprojekt Life Is Good For Now

Die Künstler Ludwig Zeller und Bernd Hopfengärtner schufen 2015 das Videoprojekt Life Is Good For Now. Es entstand als Beitrag zur Ausstellung ‚Poetics and Politics of Data’, die 2015 im Haus der elektronischen Künste in Basel stattfand. Das Videoprojekt diskutiert in vier Szenen verschiedene Zukunftsszenarien rund um die Anwendungsmöglichkeiten von Big Data im Medizinbereich – und dabei spielt das Thema digitaler Nachlass eine wesentliche Rolle. Eine Empfehlung!

Ausschnitt aus dem Videoprojekt "Life Is Good For Now" von Ludwig Zeller und Bernd Hopfengärtner
Ausschnitt aus dem Videoprojekt „Life Is Good For Now“ von Ludwig Zeller und Bernd Hopfengärtner

Video: https://vimeo.com/130973509
Hintergrundinfos: https://www.ixdm.ch/life-is-good-for-now/

Szenario zum digitalen Nachlass

Das komplette Video ist sehenswert. Wer sich nur für den Themenbereich digitaler Nachlass interessiert, wird in der dritten Szene (ab 7:23 Minuten) fündig.

Darin erbittet sich der Protagonist Fabian von seiner Online-Community Rat bei einer Entscheidung: Seine Eltern, die im letzten Jahr verstorben sind, haben ihm ihren digitalen Nachlass vermacht. Jetzt, da die Erbangelegenheiten von Seiten des Notars geregelt sind, erhält Fabian Zugang dazu. Der digitale Nachlass setzt sich wie folgt zusammen:

  • „2,7 Millionen Bilder
  • 13175 Tage Video
  • 4810 ärztliche Befunde
  • eine zu 87% lückenlose Abdeckung der Schlaf-, Kalorien- und Herzraten
  • 31008 Telefonate
  • Konsumgüterumsatz im Wert von 1,5 Mio Schweizer Franken“

Fabian stellt fest:

„Das Problem ist, dass man eigentlich alles findet, was man sucht, und eigentlich auch alles, was man vermutet, auch belegen kann.“

So lässt sich durch eine Stimmlagenanalyse der Telefonate Fabians Vermutung belegen, dass seine Eltern seinen Bruder mehr geliebt haben, als ihn: Nämlich um 34% mehr.

Jetzt ist Fabian auf eine Krankenversicherung gestoßen, die ihm für beide Datensätze eine zehnjährige Gratismitgliedschaft bieten würde. Er bittet seine Comunity um Fedback, wie er handeln soll.

Die weiteren Szenarien

Im ersten der vier Szenarien berichtet Ariane in einem Brief Dolores aus einem Sanatorium. Ihre Gesundheitsdaten dienen als Grundlage für ihre Behandlung, gleichzeitig produziert sie währenddessen Unmengen neuer Daten:

„Was es nun schon alles von mir weiß“.

„Gesellschaft für wissenschaftliche und kommerzielle Datenkorrelation“

Im zweiten Zukunftsszenario (ab ca. 4 Minuten) verfolgt man ein geschäftliches Telefonat: Herr Gerber von der Schweizer Firma Mont Data, einer „Gesellschaft für wissenschaftliche und kommerzielle Datenkorrelation“, erklärt einem potentiellen Kunden Arbeitsweise und Möglichkeiten. Das Unternehmen „lagert“ Daten im Berg und bietet Forschern an, diese Daten für ihre Arbeit zu nutzen. Sie setzten sich unter anderem auch aus den Daten von Privatpersonen zusammen. Schon 6 Millionen Bürger hätten sich dazu entschieden, ihre Daten freiwillig mindestens einem Forschungsprojekt zur Verfügung zu stellen.

„Eine riesige Poesiemaschine“

Im vierten Szenario (ab 10:36 Min) erklärt eine Autorin einem kritischen Rezensenten, wie sie mit den Daten ihrer Leser umgeht. So haben z.B. die Protagonisten ihres aktuellen Buches Vorbilder in der Realität. Die Autorin hatte ihnen Flugtickets geschickt in der Hoffnung, dass im Urlaub etwas Erzählenswertes passiert. Aus den Datenspuren der beiden, die sie mitverfolgte, hat sie eine Story gewonnen. Ein anderer Leser stellte ihr für ihre Arbeit vier Millionen Datensätze zur Verfügung, die er über 30 Jahre gesammelt hatte.

„Die Menschen suchen das Wahre in den Daten. Und ich finde noch das Schöne, das Gute darin.“

Digitaler Nachlass in der bildenden Kunst

Das Thema digitaler Nachlass ist in der bildenden Kunst öfter Thema. 2017 hatten wir mit Leoni Fischers „Necropolis“ eine Kunst-Installation zum Thema vorgestellt. 

1 Gedanke zu „Digitaler Nachlass im Kunstprojekt Life Is Good For Now“

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