Digital Heritage (Website) ist Partner der digina.16. Der Vorsorgeservice befindet sich momentan in der Betaphase und wird voraussichtlich pünktlich zur digina launchen. Mitgründerin Elisabeth Noltenius nimmt auch an unserer Startup-Podiumsdiskussion teil. Wir haben dem Gründerteam einige Fragen gestellt.
Was bietet der Service Digital Heritage an und was unterscheidet ihn von anderen Anbietern?
Auf Digital Heritage sammeln und ordnen Nutzer Ihre bedeutsamsten und wichtigen Fotos, E-Mails, Briefe, geschäftlichen Dokumente, Videos und Musik in einem persönlichen Profil. Zudem können hier eine Lebenschronik und ein Stammbaum der Familie angelegt werden. So bewahrt jeder Nutzer das Wichtigste aus seinem Leben. Der Nutzer erhält weiter die Möglichkeit, individuell zugeschnittene digitale Hinterlassenschaften aus diesen Inhalten einfach und sicher anzulegen und fortlaufend zu aktualisieren, um sie sicher an Hinterbliebene zu vermachen.
Im Laufe eines Lebens sammeln Menschen eine große Menge an sehr persönlichen Dingen an – von persönlichen Fotos und wichtigen E-Mails über geschäftliche Dokumente bis hin zu Video- und Musikdateien. Stirbt ein Mensch, ist nur sehr selten geregelt, wer Zugang zu diesen persönlichen Hinterlassenschaften erhalten soll und wie sie diejenigen erreichen können, denen sie zugedacht sind. Auf Digital Heritage haben Nutzer daher die Möglichkeit ihren digitalen Besitz an einer Stelle zu bündeln und ihre Daten dort zu sammeln, zu ordnen und später auch zu hinterlassen.
Welche Rolle spielt Ihr Hintergrund als juristisch geprägtes Team?
Uns ist es besonders wichtig, auch immer die juristische Komponente mitzudenken. Zwei der drei Gründer von Digital Heritage sind Juristen und da die Rechtsprechung im Bereich des Datenschutzes und der digitalen Nachlassverwaltung noch in den Kinderschuhen steckt, glauben wir, dass dieses Thema nur angegangen werden kann, wenn die regulatorischen Dynamiken mitberücksichtigt werden. Es ist unser Ziel, so sicherzustellen, dass ohne große Formalien eine digitale Hinterlassenschaft denjenigen und nur denjenigen erreicht, für den diese Inhalte auch gedacht sind. Rechtlich betrachtet ist das eine Herausforderung, der wir uns gestellt und die wir auch gut gelöst haben.
Zudem versuchen wir, das Thema digitale Nachlassverwaltung auch spielerisch zu sehen. Es soll Spaß machen, Erinnerungen festzuhalten und diese beim Durchstöbern Revue passieren zu lassen. Digital Heritage ist der ganz eigene private Raum im Internet – ein Tagebuch, eine Schatzkammer, ein Fotoalbum und ein Tresor. Im Gegensatz zu Facebook und Instagram wollten wir einen Lebensbereich schaffen, in dem nur das mitgeteilt wird, was am Ende wirklich zählt. Keine geposteten Mittagessen und Fitness Bilder, sondern unsere Substanz, das was uns am wichtigsten ist, was uns wirklich bewegt und was wir an unsere Nachkommen von uns weitergeben wollen. Digital Heritage ist auch eine aktive Auseinandersetzung mit uns selbst und dem, was für jeden einzelnen wirklich zählt.
Unser Dienst richtet sich somit an alle Leute aller Altersgruppen, die Ihre Daten auf einer sicheren Cloud spielerisch sortiert haben wollen und sie gegebenenfalls auch an enge Vertraute in rechtlich einwandfreier Weise und diskret weitergeben möchten.
Wie genau kommen die Daten, die man weitergeben möchte, zu den Hinterbliebenen?
Für jeden „Begünstigten“, der Zugriff auf eine eigene individuell zusammengestellte Hinterlassenschaft haben soll, wird ein Schlüssel generiert, sobald dieser angelegt ist. Der Inhalt der Hinterlassenschaft ist veränderbar und damit auch das, was der Begünstigte dann sieht. Zugang hat der Begünstigte mit dem Schlüssel und über die Nachricht, die er von dem Profilinhaber erhält, sobald die Hinterlassenschaft an ihn abgeschickt ist. Was wir – ganz bewusst – nicht in unserem System regeln wollen, ist, wann und wie der Schlüssel an den Begünstigten übergeben wird. Da haben die Nutzer auch sehr unterschiedliche Vorstellungen und die Form und der Zeitpunkt, wie dies geschieht, sollen in den Händen der Nutzer liegen.
Woher kam die Idee zu Digital Heritage?
Der Grundstein zu der Idee ist sicherlich an eigene Erfahrungen geknüpft. Wir selbst haben Menschen verloren, die die wichtigsten Erinnerungen, Geschichten, Bilder, geschäftliche Dokumente nicht in geordneter Form an uns übergeben konnten.
Wir glauben, dass dieses Thema besonders momentan eine riesige Herausforderung ist, da viele Menschen einen Teil der wichtigen und privaten Dokumente analog haben, also als Fotos, in Aktenordnern usw., und zum anderen wird viel auch schon digital gesammelt und aufgehoben. Diese Mischung macht es für Angehörige dann besonders mühsam nachzuvollziehen, was jetzt eigentlich für einen selbst gedacht ist und was nicht. Ist man als enger Angehöriger befugt, sich durch fremde PC-Laufwerke zu wühlen? Wir sind uns da nicht sicher. Es geht am Ende wirklich darum, dass jeder Kontrolle über seine Daten hat. Und wir waren an einem Punkt in unserem Leben, wo wir das Gefühl hatten, eben jene Kontrolle nicht zu haben.
Als wir uns damals nach einem Service umgeschaut haben, der etwas bietet wie Digital Heritage, haben wir nichts gefunden, was unseren Ansprüchen gerecht wurde; also eine gute Usability, ansprechendes Design, absolute Datensicherheit und ein wohlüberlegter juristischer Unterbau.
Wie groß ist das Team – wer ist dabei?
Wir sind ein eingeschworenes Team, das zur Zeit aus vier Personen besteht: Elisabeth ist studierte Juristin und Rechtsanwältin in einer Kanzlei, spezialisiert auf die Themen IT und eBusiness. Sie bringt daher das ganze rechtliche Know-How mit, das es braucht, um ein solches Portal juristisch ordentlich aufzusetzen. Ulrich ist auch Rechtsanwalt und ist bei Digital Heritage vor allem für das Produktmanagement verantwortlich. Charlotte hat Wirtschaftswissenschaften an der LSE in London studiert. Sie hat mehrjährige Erfahrung als Kommunikationsberaterin für internationale Unternehmen und verantwortet bei Digital Heritage daher den Bereich Marketing & Kommunikation und Business Development. Damir ist der technische Kopf des Teams, leitet die Entwicklung durch unsere Programmierer und ist der Erfinder der Verschlüsselung, die wir bei Digital Heritage einsetzen.
Wir ergänzen uns sehr gut – jeder von uns bringt unterschiedliche Schwerpunkte, Talente und Interessen mit. Was uns verbindet, ist die Leidenschaft für unser Produkt und den Wunsch, auch gesellschaftlich mit Digital Heritage einen Mehrwert zu schaffen.
Haben Sie selbst Zugriff auf die Assets der Kunden oder ist alles vollständig verschlüsselt?
Alles ist vollständig verschlüsselt. Die gespeicherten Dateien werden schon direkt beim Hochladen sofort verschlüsselt und sind nur für die Kunden sichtbar und jederzeit veränderbar. Das heißt, nicht einmal wir können nachvollziehen, was einzelne User hochladen und was nicht. Unsere Unternehmensserver stehen in Deutschland und gewährleisten maximale Datensicherheit nach deutschem Recht.
Können Daten „gerettet“ werden, wenn jemand seinen Zugang verliert?
Da die Daten komplett verschlüsselt sind und sich nur mit den entsprechenden Schlüsseln öffnen lassen, sind uns die Hände gebunden, verlorene Zugänge wieder herzustellen. Wir haben uns bewusst dagegen entschieden, denn sollten wir die Daten wiederherstellen können, können andere das auch tun. Genau das wollen wir vermeiden. Wir verstehen uns als digitales Schließfach, wer hier den Schlüssel verliert, verliert auch das Recht auf Zugriff.
Wo sehen Sie aktuell die größten Probleme im Umgang mit digitalen Nachlässen?
Sicher fehlte es bislang an entsprechenden Systemen, die bei Nutzern so viel Vertrauen erwecken, dass sie dort auch alles Wichtige speichern. Es besteht halt doch die Angst, dass sich ein Hacker an den Daten zu schaffen macht. Verschlüsselung ist daher sehr wichtig.
Ein anderes Problem liegt bei den Nutzern selbst – man muss bereit sein, sich Zeit zu nehmen, sich Gedanken zu machen, was einem wichtig ist, und sein Leben zu ordnen. Wenn es dann ein System gibt, bei dem der Mensch selber den Überblick behält, ein höchstpersönliches geheimes Erinnerungs-Management bekommt, wird der Nutzer auch Interesse haben, dieses an seine Hinterbliebenen weiterzugeben.
Schließlich gibt es rechtliche Hürden, derer wir uns auch angenommen haben. Sobald jemand verstirbt, PC, Tablet, Handy und Cloud aber alle passwortgeschützt sind und dieses mit in den Tod genommen wird, war es das. Völlig unklar ist dann auch, welche Berechtigungen an den Inhalten für die Hinterbliebenen bestehen. Das gilt es zu lösen.
Ab wann geht die Beta in eine 1.0 über?
Auf digital-heritage.com kann man schon sehen, was die Nutzer erwartet. Unser Plan ist es, pünktlich zur digina.16 auch unsere erste Version anzubieten. Das Beta-Testing verläuft sehr vielversprechend und stimmt uns zuversichtlich, dass wir mit dem Produkt auf dem richtigen Weg sind.
Wo soll der Service langfristig hingehen?
Langfristig ist geplant, dass Digital Heritage nicht „nur“ ein Tool zur Nachlassverwaltung ist, sondern die User auch sonst im Alltag begleitet. Derzeit planen wir eine Logbuch-App, die es Nutzern ermöglicht, sich auch mobil Notizen zu machen, die dann mit ihrem Account synchronisiert werden. Es können spontan Fotos hochgeladen und Momente festgehalten werden, entweder nur für sich selbst oder eben für entsprechende Hinterlassenschaften. Wir wollen mit Digital Heritage ein nachhaltiges Produkt schaffen, dass Menschen ein Leben lang begleitet und wie eine Art privates Tagebuch geführt werden kann.
2 Gedanken zu „„Digitalen Besitz bündeln – und später auch hinterlassen“: Vorsorgeservice Digital Heritage im Interview“