Bitkom-Umfrage zum digitalen Nachlass – Susanne Dehmel im Interview

Susanne Dehmel ist Mitglied der Geschäftsleitung Recht & Sicherheit beim Bitkom e.V. Sie verantwortet dort die Themen Vertrauen & Sicherheit. Bereits seit 2010 leitet sie den Bereich Datenschutz. Wichtiger Teil ihrer Arbeit ist die Förderung von Vertrauen und Sicherheit in der digitalen Welt und insbesondere die praxisgerechte Weiterentwicklung des Datenschutzes in der Informationsgesellschaft. Wir haben im Zuge der aktuellen Bitkom-Umfrage von August 2017 mit Ihr über digitalen Nachlass gesprochen.

Foto: Susanne Dehmel
Foto: Susanne Dehmel (Bitkom)

Der Digitalverband Bitkom hat bereits 2015 die Initiative ergriffen und eine Bitkom-Umfrage zum digitalen Nachlass durchführen lassen. Was waren die Anlässe, dem Thema 2015 nachzugehen, und es jetzt, 2017 weiterzuverfolgen?

Tatsächlich hatten wir immer wieder Anfragen von Journalisten, die wissen wollten, was mit Accounts passiert, wenn jemand verstirbt. Wir haben nachgefragt und festgestellt, dass es keinen einheitlichen Umgang damit von Seiten der Anbieter gab. Es gab auch wenig Literatur dazu. Daher haben wir uns ein wenig mit dem Thema befasst und es wird immer wieder dankbar aufgegriffen.

Was bedeutet das Thema für Ihre Verbandsmitglieder?

Die Anbieter möchten natürlich mit dem nötigen Fingerspitzengefühl an dieses sensible Thema herangehen. Das ist nicht ganz einfach. Es gibt da zum einen rechtliche Aspekte, aber eben auch emotionale und kulturelle Unterschiede. Das gleiche Vorgehen kann in einigen Fällen sehr gut passen, in anderen eine gewisse Härte darstellen.

Was halten Sie davon, wenn Online-Dienste wie Soziale Netzwerke, E-Mail-Provider oder Cloud-Dienste Funktionen anbieten, mit denen Nutzer schon zu Lebzeiten Vorkehrungen treffen können?

Das kann durchaus hilfreich sein. Ich weiß allerdings nicht, inwieweit diese Funktionen tatsächlich genutzt werden.

Gibt es denn unter Ihren Mitgliedern Unternehmen, die bereits solche Funktionen anbieten?

Beispielsweise bei Facebook gibt es die Funktion, sodass ich schon im Vorhinein eine Wahl treffen kann und Facebook so im Voraus mitteilen kann, ob das eigene Konto in den Gedenkzustand versetzt oder dauerhaft aus Facebook gelöscht werden soll.

Welche Rolle wird das Thema digitaler Nachlass in unserer zunehmend digitalisierten Gesellschaft künftig spielen?

Mit Sicherheit eine größere als noch vor wenigen Jahren. In dem Maße, in dem wir unseren Alltag digitalisieren, spielt sich unser Leben auch im Netz ab und entsprechend hinterlassen wir eine Vielzahl von Accounts und Daten, wenn wir sterben.

Wo sehen Sie hier die größten Hürden?

Generell beschäftigen sich die Menschen nicht gerne mit ihrem eigenen Tod, das ist im Digitalen nicht anders als im Analogen. Außerdem ist die wechselnde Vielzahl der genutzten Dienste nicht leicht nachvollziehbar zu verwalten.

Vielen Dank, Frau Dehmel!


Hintergrund: Die beiden Bitkom-Umfragen im Vergleich

Im Auftrag des Bitkom erschien im Mai 2015 die erste Umfrage zum digitalen Nachlass, jetzt im August 2017 die zweite. Während die erste Bitkom-Umfrage für zwei konkrete Fragestellungen Zahlen liefert, wurde die zweite um einige Fragen erweitert – sie bietet entsprechend mehr Informationen. So differenziert sie z.B. nach Altersgruppen, fragt ab, ob das Thema als wichtig eingeschätzt wird und geht auf verschiedene Varianten bei der Vorsorge ein.

Data Journalist Mathias Brandt hat die Ergebnisse in einer Infografik für Statista anschaulich aufbereitet:

Mehr Statistiken finden Sie bei Statista

 

Zwei Fragen im direkten Vergleich

Sowohl 2015 als auch 2017 steht die Frage im Mittelpunkt, wer seinen digitalen Nachlass bereits geregelt hat:

  • 2015: Neun von zehn Internetnutzern (93 Prozent) haben für den Fall ihres Todes ihren digitalen Nachlass nicht geregelt.
  • 2017: Acht von zehn Internetnutzern (80 Prozent) sagen, dass sie ihren digitalen Nachlass noch überhaupt nicht geregelt haben.

Ebenfalls wird der Aspekt wieder aufgegriffen, dass den Internetnutzern Informationen zum Thema fehlen:

  • 2015: Etwa acht von zehn (78 Prozent) Internetnutzern geben an, dass sie ihren digitalen Nachlass gerne regeln würden, ihnen dafür aber Informationen fehlen.
  • 2017: Sieben von zehn Internetnutzern (69 Prozent) geben an, dass ihnen die Informationen fehlen, um den digitalen Nachlass zu regeln.

Zur Methodik

Die Rahmendaten zur Grundgesamtheit sind vergleichbar: Laut Bitkom wurden 2015 1.016 Personen ab 14 Jahren befragt, darunter befanden sich 812 Internetnutzer. 2017 waren es 1.013 Bundesbürger ab 14, darunter 842 Internetnutzer. Während die Umfrage 2015 in Zusammenarbeit von Bitkom Research mit Aris Umfrageforschung durchgeführt wurde, wird für 2017 Bitkom Research allein angegeben.

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