Steffen Meier – #nachhall. Stimmen zum digitalen Nachlass

Unter dem Hashtag #nachhall sammeln wir die Stimmen von Menschen zu Nachlass und Vorsorge im digitalisierten Zeitalter. Ob in epischer Länge oder knackiger Kürze, liegt ganz bei den Interviewpartnern. Heute: Steffen Meier, Buchbranchen-Insider und Herausgeber des digital publishing report. Die Reihe wird unregelmäßig fortgesetzt.

Was ist für dich „digitaler Nachlass“ – und bist du damit schon in Berührung gekommen?

Inhalt

Ich muss da als abgebrochener Historiker immer daran denken, dass man in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts sogar Mode-Kataloge großer Kaufhäuser aufbewahrte, um z.B. Mode-Trends früherer Dekaden in späteren Jahren nachvollziehen zu können. Selbst in diesen halbwegs modernen Zeiten war Quellenforschung, was wiederum Wühlen in Nachlass-Formen jedweder Art entspricht, eine mühselige Sache. Und weiter zurück in der Vergangenheit wird der erhaltene Nachlass, die Spur unserer Vorfahren, immer dünner.

Ganz anders in digitalen Zeiten, heute haben wir es mit einer Flut persönlicher Informationen zu tun, die einst in den digitalen Nachlass übergehen, je nachdem, wie das dann individuell geregelt wird. Insofern wird es sicher eine Herausforderung sein, damit umzugehen, wenn Spuren Verstorbener allein in der Google-Suche permanent auftauchen. Vielleicht wird es dann schwerer, einen Strich zwischen Vergangenheit und Zukunft zu ziehen, wenn die Vergangenheit sozusagen permanent greifbar ist. Ein Mechanismus des Umgangs ist ja das Verdrängen, vor allem in westlichen Kulturkreisen, das dürfte dann nicht mehr so einfach sein im Sinne eines „aus den Augen, aus dem Sinn“.

Und ja, ich bin damit schon in Berührung gekommen und ich fand das offen gesagt durch die permanente Erinnerung auch bedrückend.

Du bist online aktiv, hast also eine große „Erbmasse“. Hast du schon vorgesorgt oder dir Gedanken gemacht, was du dir für deine virtuellen Hinterlassenschaften wünschst?

Im obigen Sinne von „aus den Augen, aus dem Sinn“ neige ich dazu, meine eigenen Accounts und Blogposts zu löschen (sofern das überhaupt so ohne weiteres geht). Es mag zwar digital einfacher sein, die eigenen Ergüsse weiterzuvererben, aber ob es inhaltlich sinnvoll ist? Vielleicht ist es besser, schnell vergessen zu werden statt ewig peinlich zu sein 😉

(Wie) sollen Menschen digital feiern/trauern, wenn es dich nicht mehr gibt?

Wie schrieb Ambrose Bierce, einer, der wusste, worum es ging, zum Thema Beerdigung: „Eine pompöse Festlichkeit, bei der wir unserer Achtung für einen Toten Ausdruck geben, indem wir den Leichenbestatter bereichern, und unsere Trauer durch eine Geldausgabe nähren, die unsere Seufzer vertieft und unsere Tränen verdoppelt.“ Insofern braucht niemand einen digitalen Leichenbestatter oderwasauchimmer bereichern. Und im Zweifel ist es ja so, dass ich das alles mit großer Wahrscheinlichkeit gar nicht mitbekomme. Oder mich wehren könnte.

Ihr könnt ja ein Best of der #plattensammlung spielen und gut ist. Dann lasst mich einfach weiterziehen…

Danke, Steffen Meier!

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