Neues Vorsorge-Portal: Die Macher von Emcomy im Interview

Am 5.12.2020 startet der neue Dienst Emcomy – Grund genug, Björn Walter, einen den Macher des Vorsorge-Services, zu interviewen.

Wie kamen Sie auf die Idee zu Emcomy?

Inhalt

Die Idee zu Emcomy entstand vor ca. zwei Jahren, im November 2018. Damals war ich in Lissabon und stelle mir am bei einem Kaffee in einer Strandbar die Frage, wie eigentlich mein indirekter Freundeskreis darüber informiert werden könnte, wenn mir mal etwas zustößt.

Björn Walter, Gründer von Emcomy
Björn Walter (privat)

Mit meinem indirekten Freundeskreis meine ich die Personen, die beispielsweise in andern Städten oder auch Ländern leben, und keine Bezug zu meinem direkten Umfeld haben.
Da ich nach längerer Recherche im Internet nichts der artiges fand, habe ich mich dazu entschlossen, dieses Projekt selber anzugehen.

Dabei ist es mir auch wichtig gewesen, viele Dinge eher aus der Nutzer oder Kundensicht zu betrachten und weniger aus der Firmensicht. Ich bin ja auch Nutzer von verschiedenen Diensten und viele Dinge wie übermässige Werbung stören mich sehr. Und all diese Dinge, die mich an anderen Diensten stören, die ich selber nutze, möchte ich bei Emcomy auch anders machen.

Ich habe in den letzten 12 Jahren im Bereich der Produktentwicklung gearbeitet, weiß also auch, dass das A und O die Nutzer sind. Ohne den Bedarf abzufragen und die Nutzer bei den Ideen und der Entwicklung mit einzubeziehen, hat ein Produkt nicht lange Bestand. Daher habe ich über die Idee auch mit vielen Personen gesprochen. Dadurch ergaben sich auch wieder neue Ideen, so dass der Dienst zu dem werden konnte, was es jetzt ist.

Wofür steht der Produktname?

Der Name Emcomy entstand ca. ein Jahr später. Es setzt sich aus den Wörtern Emergency Communicator zusammen, was übersetzt Notfall Kommunikator heißt. Das „Y“ hat eigentlich zwei Bedeutungen: Das Y (im englischen „wai“ ausgesprochen) klingt aber wie „why“ und bedeutet übersetzt „warum“. Genau diese Frage beantworten wir dem Kunden. „Warum“ braucht ein Kunde Emcomy.

Die zweite Bedeutung hat etwas mit der Wahrnehmung oder dem Erinnerungsvermögen zu tun. Die Menschen können sich Wörter, die mit „y“ enden, einfach leichter merken, bzw. sind die Wörter einprägsamer.

Was bietet der Service seinen Nutzerinnen und Nutzern an und wie funktioniert er?

Unser Dienst soll eine Kommunikationslücke schließen. Die meisten Personen haben Angehörige, die direkt informiert werden (im Sterbefall oder bei anderen negativen Ereignissen). Deswegen legen wir auch Wert darauf zu erwähnen, dass wir diese persönliche Kommunikation keinesfalls mit unserem Dienst ersetzten wollen. Uns geht es tatsächlich um das indirekte Umfeld, was eben nicht persönlich informiert wird, weil diese Personen niemand anders als der Nutzer selber kennt.

Wir haben versucht, den Dienst so einfach wie möglich zu gestalten. Unsere Zielgruppe sind nicht nur jüngere Menschen, sondern auch Ältere. Ich habe während meiner Recherche viele ältere Leute kennengelernt die Sorgen dafür haben, einfach vergessen zu werden, wenn beispielsweise der Sterbefall eintritt.

Emcomy bietet seinen Nutzern und Nutzerinnen ein einfaches Kontaktadressbuch an, sowie die Verwaltung einer Vertrauensperson (oder Notfallkontaktes). Zudem gibt es Vorlagen für bestimmte Ereignisse, wie z.B. dem Sterbefall oder einem längeren Krankenaufenthalt.

Diese Vorlagen kann der/die Nutzer(in) dann aktivieren und seiner Vertrauensperson freischalten.
Das Besondere an dem Dienst ist, dass die Vertrauensperson einen eigenen Bereich mit eigenen Zugangsdaten auf Emcomy hat, die ihm vom Nutzer zur Verfügung gestellt werden.

Das heisst, die Vertrauensperson kann nur die entsprechende Notfallnachricht an die Kontakte versenden lassen, aber NICHT auf die Kontakte des/der Nutzers/Nutzerin zugreifen. So bewahren wir die Privatsphäre des Nutzers und die Vertrauensperson führt nur eine Handlung aus. Sie weiss also nicht, an wen diese Nachricht versendet wird.

Wie genau erfährt Emcomy vom Tod der Nutzerin oder des Nutzers – und wie schnell geht das?

Emcomy erfährt in der Regel nicht, dass ein Nutzer verstorben ist. Das ist auch nicht notwendig.
Da die Vertrauensperson die Notfallnachricht selbständig versenden muss, stellt Emcomy nur den Dienst, also die Anwendung als solches zur Verfügung. Das ist im Vergleich zu anderen Anbietern, bei uns etwas anders, da wir nicht aktiv in den Prozess eingreifen und somit auch keine Sterbeurkunde oder ähnliches von den Angehörigen brauchen. Diesen Prozess über nimmt die Vertrauensperson, die der Nutzer definiert hat.

Wir brauchen die Information, dass ein Nutzer verstorben ist, nur aus einem Grund:
Um sein Konto zu löschen und damit auch seine persönlichen Daten.

Dies teilt uns allerdings niemand mit, die Anwendung erfährt es automatisch, wenn von der Vertrauensperson des Nutzers eine Notfallnachricht zum Ableben des Nutzers versendet wird.

Wie unterscheidet sich Emcomy von den Mitbewerbern (aktuellen wie vergangenen)?

Bei Mitbewerbern, die zumindest einen Teil dessen anbieten, was wir mit Emcomy auch tun, beziehen diese sich fast ausschließlich auf den Todesfall. Also die digitale Nachlassverwaltung wenn, man es genau nimmt. Bei einigen gibt es eine Kombination aus „letzten Nachrichten“ die man versenden lassen kann, sowie Dokumenten-Uploads, die dann an die Hinterbliebenen weiter gegeben werden können. Es gibt schon einige recht gute Konzepte bei den Mitbewerbern.

Was uns jedoch von unseren Mitbewerbern unterscheidet ist:

  • Wir bieten einen Dienst an der sich ausschließlich um die Kommunikation kümmert.
  • Unser Dienst beschäftigt sich nur mit dem Todesfall, sondern auch mit anderen negativen Ereignissen die im Leben passieren können. Also zum Beispiel ein längerer Krankenhausaufenthalt, bei dem der Nutzer nicht mehr in der Lage ist, selbständig zu kommunizieren. Wobei die Betonung klar auf dem letzten Teil des Satzesliegt.
  • Unser Dienst ist in der jetzigen Version kostenlos
  • Wir legen sehr viel Wert auf Anonymität. Das heißt, im Gegensatz zu anderen Diensten wird niemand außer dem Nutzer selbst Zugriff auf sein Konto haben. Auch nicht nach seinem Tod. Damit weiß auch nur der Nutzer selbst, wen er im Bedarfsfall informieren lässt.
  • Wir haben eine spezielle Absicherung bei dem Versand der Notfallnachrichten implementiert. Diese wird nicht sofort, sondern erst nach 24 Stunden vom System versendet. Nachdem die Vertrauensperson den Versandprozess ausgelöst hat, bekommt der Nutzer eine eMail von unserem Dienst. Sofern die Notfallnachricht irrtümlich oder sogar vorsätzlich falsch versendet wurde, hat der Nutzer die Möglichkeit diesen Versandprozess abzubrechen und auch die Vertrauensperson zu sperren.

Was tun Sie in Sachen Datenschutz und Datensicherheit?

Datenschutz und Sicherheit waren in der Designphase des Dienstes zwei ganz elementare Punkte. Ich selbst beschäftige mich seit Jahren mit dem Datenschutz, daher war das Thema für mich auch sehr ernst.
Das hatte u.a. auch zur Folge, dass ich größten Wert auf Datensparsamkeit gelegt habe. Die Nutzer brauchen bei uns nur einen minimalen Anteil ihrer persönlichen Daten anzugeben. Also nur das, was für den Dienst selbst wichtig ist, damit er funktioniert. Dazu gehören der Name und die Mailadresse, alles andere ist optional.

Unsere Kundendaten sind natürlich sicher gespeichert, in abgetrennten Bereichen, teils per Hashing-Verfahren. Auch wenn wir nicht viele Daten unser Nutzer haben, so kann sich keine Firma einen sorglosen Umgang mit Personen bezogen erlauben. Das trifft natürlich auch auf uns zu.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass ich mich entschieden habe, auf Basis-Applikationen zu verzichten, die aus NICHT-EU-Ländern kommen. Das ist mir insbesondere bei den Cookies und dem Captcha schwer gefallen, aber ich wollte keine personenbezogen Daten zur Datenverarbeitung Dienstleistern haben, die nicht in der EU angesiedelt sind, bei denen der Nutzer nicht ausdrücklich vorher zustimmt. Die Rechtslage nach der Abkündigung des Privacy Shields ist hier unklar, von daher habe ich mich für diesen Weg entschieden.

Und was würde z.B. passieren, wenn Emcomy verkauft wird?

Darüber habe ich mir ehrlich gesagt noch keine Gedanken gemacht. Emcomy ist für mich nicht nur ein Dienst, sondern es ist eine Herzensangelegenheit. Der Dienst ist ja aus einem Problem entstanden, welches ich selber hatte. Und ich möchte dies auch mit anderen Nutzern teilen und sehen, dass wir zukünftig wachsen und auch expandieren können.

Ich habe eine sehr klare Philosophie, was diesen Dienst angeht. Ich habe ihn nicht entwickelt, mit dem Ziel, reich zu werden. Natürlich muss ich auch irgendwann etwas daran verdienen, aber ich möchte dann dieses Geld auch in die Weiterentwicklung re-investieren. Falls sich wirklich irgendwann eine Firma bei mir melden würde, die unseren Dienst kaufen möchte, müsste Sie meine Philosophie mittragen. Da aber Firmen Profit erwirtschaften müssen, sehe ich das bislang noch nicht. Was ich mir eher vorstellen könnte ist, mit einer Firma zusammen zu arbeiten oder diese als Investor mit an Bord zu holen. Aber derzeit ist es für mich nicht vorstellbar, diesen Dienst zu verkaufen.

Emcomy ist ja noch in einem recht frühen Stadium der Produktentwicklung. Was haben Sie für die Zukunft geplant?

Zunächst einmal möchten wir im Dezember mit unserer kostenlosen Basis-Version starten. Damit werden wir auch sehen, wie speziell der deutschsprachige Markt unseren Dienst annimmt. Im Vorfeld haben wir schon großen Zuspruch für die Idee bekommen. Aber Zuspruch ist halt immer noch etwas anders, als den Dienst wirklich zu nutzen.

Für die Zukunft plane ich noch mit zwei kostenpflichten Versionen, die mehr Erweiterungen beinhalten werden. Z.B. werden verschiedene andere Kommunikationskanäle einbauen wie SMS. Ausserdem soll der Dienst in vier Sprachen verfügbar sein. Ich plane noch mit englisch, spanisch und portugisisch, weil ich gerne in den südeuropäischen Raum expandieren möchte.

Es wird auch mehr Notfallvorlagen geben und natürlich können dann auch mehr Kontakte als die bisher maximal 5 hinzugefügt werden.

In einer späteren Version können auch vom Nutzer individuelle Vorlagen erstellt werden, beispielsweise in Form von Abschiedsbriefen. Zudem plane ich auch mit einer „Callback“ Funktion, bei der der Nutzer entscheiden kann, ob er seinem Kontakt eine Rufnummer oder Mailadresse eines Angehörigen mitteilen möchte.

Die Liste der Ideen, die ich noch habe ist sehr lang. Alles möchte ich an dieser Stelle noch nicht verraten. Unsere Mitbewerber schlafen ja auch nicht 🙂

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