Jeder Trauerfall ist einzigartig. Das gilt auch (und vielleicht besonders) für Trauer, die digital gelebt wird. Ins öffentliche Bewusstsein rückt Online-Trauer vor allem, wenn berühmte Menschen sterben.
Online-Prominenz: Von Digitalhelden bis zu Offlinern
Prominenz ist heute auch immer Online-Prominenz. Wenn sich Stars und Sternchen, Politiker und Manager, Musiker und Filmstars nicht selbst in verschiedenen Online-Kanälen darstellen, übernehmen Berater und Agenturen die Kommunikation mit Fans und Followern. Was aber geschieht im Todesfall? Schon heute sind Nachrufe in Online-Medien oft eine Kombination aus Wikipedia-Artikel und Tweets zum Thema, sodass insbesondere PR-bewussten Hinterbliebenen daran liegen muss, diesen digitalen Nachlass aktiv zu pflegen.
Was prominente Todesfälle auslösen: Drei Beispiele
Sheryl Sandberg, geboren 1969 und aktuell COO von Facebook, verlor im Frühjahr 2015 ihren Mann Dave Goldberg. Auf Facebook dokumentierte sie ihren Trauerprozess und erreichte damit mehr als eine Million Reaktionen innerhalb des Social Networks. (Eine deutsche Übersetzung des Posts bietet Die Welt).
Thomas Beckenbauer, Sohn des weltbekannten Fußballers, Trainers und Funktionärs Franz Beckenbauer, starb im August 2015 an einem Hirntumor. Die Facebook-Seite des Vaters wurde – im Gegensatz zur Bild-Zeitung – allerdings nicht mit einer Traueranzeige bedacht. Dies führte dazu, dass Trauernde in einem Post kondolierten, der mit dem Todesfall nichts zu tun hatte.
Ein frühes, obskures Beispiel ist der Tod des außerhalb der Netzgemeinde wenig bekannten Hackers und Phreakers “Tron”, bürgerlich Boris Floricic. Dieser starb unter angeblich ungeklärten Umständen 1998, offiziell wurde die Ermittlung 2003 beendet. Allerdings ranken sich seitdem – vor allem in Online-Foren und Malinglisten – diverse (Verschwörungs-) Theorien um den Tod des jungen Mannes.
Trauer im Netz
Online-Trauer beschränkt sich nicht auf prominente Verstorbene. Es handelt sich um ein gesellschaftliches Phänomen, wenn auch um ein recht neues. Während der Mensch seit zehntausenden von Jahren analoge Trauerrituale besitzt, ist noch keineswegs ausgemacht, wie sich die Gedenkkultur im Internet gestalten wird. Der digitale Vordenker Sascha Lobo fasste dies anlässlich der Germanwings-Katastrophe in einer vielbeachteten Kolumne zusammen: “In Katastrophenmomenten wird deutlich, wie neu diese Netzwelt noch immer ist, dass es zwar mechanische Rituale, aber noch keine allgemein akzeptierten Instrumente der netzkollektiven Trauer gibt.”
Sogenannte “Shitstorms”, massive persönliche Kritik gegen Menschen oder Organisationen, können auch Verstorbene treffen. So waren nicht alle Tweets positiv, die den frühen Tod des Unionspolitikers Philipp Mißfelder thematisierten. Der besonders in Digitalkreisen unbeliebte Politiker zog nach seinem Tod teils sehr pietätlose und beleidigende Äußerungen auf sich.
Umso wichtiger ist ein professionelles Management der digitalen Trauerkommunikation. Professionelle Beratung hilft Angehörigen, das öffentliche Gedenken an den Verstorbenen pietätvoll zu gestalten.
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